Kann wegen der Coronakrise ein Mitglied seine Mitgliedschaft fristlos kündigen?
Auch Vereine dürfen in der aktuellen Situation keine Veranstaltungen anbieten und müssen ihr sportliches Angebot einstellen. Zahlen die Mitglieder jedoch Mitgliedsbeiträge tun sie dies oftmals in der Erwartung,
diese Angebote in Anspruch nehmen zu können. Viele Mitglieder fragen sich daher, ob sie ihre Mitgliedschaft deswegen außerordentlich kündigen können. Eine fristlose Kündigung der Vereinsmitgliedschaft ist nur aus wichtigem Grund möglich (§ 314 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Ein wichtiger Grund aus Sicht des Mitglieds liegt nur dann vor, wenn dem Mitglied unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung der Mitgliedschaft nicht zugemutet werden kann.
Unzumutbar sind hier i.d.R. nur die Beitragszahlungen, weil meist keine anderen Pflichten gegenüber dem Verein bestehen. Entfallen die Leistungen, die der Verein seinen Mitgliedern anbietet, kann das grundsätzlich ein Grund für eine fristlose Kündigung der Mitgliedschaft sein.
Da die entsprechenden Vereinsangebote und Veranstaltungen aber behördlich untersagt sind, trifft den Verein kein Verschulden, da der Verein hier lediglich seinen Schutzpflichten gegenüber seinen Mitgliedern nachkommt.
Der Mangel wird also nicht durch den Verein selbst verursacht. Diese Konstellation begründet damit keinen besonderen Grund für einen sofortigen Vereinsaustritt.
Auch aktuell kommt also in aller Regel nur eine ordentliche (fristgemäße) Kündigung in Frage, für die die Satzungsregelungen maßgebend sind.
Können die Mitglieder Beiträge zurückfordern oder zurückbehalten?
Wenn Vereine ihren allgemeinen Vereinsbetrieb und den Trainingsbetrieb (zeitweise) eingestellt haben, können die Mitglieder die Trainings- und Übungsangebote nicht mehr wahrnehmen. In diesen Fällen ist es nicht ausgeschlossen, dass Mitglieder ihre Beiträge und Kursgebühren zurückfordern und gar auf die Idee kommen die Mitgliedschaft (fristlos) zu kündigen.
Wie ist die Rechtslage?
(Anteilige) Rückerstattung von gezahlten Beiträgen?
Die Beitragspflicht der Mitglieder ergibt sich aus der Mitgliedschaft. Beiträge sind kein Entgelt für bestimmte Leistungen des Vereins. Einmal nach der Satzung geschuldete und gezahlte Beiträge an einen gemeinnützigen Verein können vom Mitglied weder zurückgefordert noch seitens des Vereins rückerstattet werden, da dies gemeinnützigkeitsschädlich wäre.
Abzustellen ist auf die Fälligkeit der Beitragsschuld. Der Mitgliedsbeitrag dient dazu, dass der Verein seine satzungsmäßigen Zwecke und damit die Gesamtbelange sämtlicher Mitglieder erfüllen kann. Die dafür erhoben sog. echten Beiträge werden also dem Verein allgemein zur Verfügung gestellt, damit dieser seine Aufgaben erfüllen kann, auf die Belange einzelner Mitglieder kommt es dabei nicht an, es liegt in diesem Fall auch kein Leistungsaustauschverhältnis vor (UStAE Ziff. 1.4 zu § 1 UStG).
Wenn der Verein aufgrund des Coronavirus seinen Vereins- und Trainingsbetrieb eingestellt hat (durch eigene Entscheidung oder behördliche Anordnung) erfolgt dies ja nur temporär.
Ein Vereinsmitglied kann die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen grundsätzlich nicht mit der Begründung verweigern, es sei in seinen Mitgliedsrechten verletzt worden. Solange das Mitglied seine Mitgliedschaft im Verein nicht gekündigt hat, bestehen die satzungsmäßigen Beitragspflichten, die ja in der Regel ein Jahresbeitrag sein werden, fort. Im Vereinsrecht gilt die Treue- und Förderpflicht.
Nach der Rechtsprechung ergibt sich daraus für die Mitglieder die Verpflichtung, sich gegenüber dem Verein loyal zu verhalten, den Vereinszweck aktiv zu fördern und alles zu unterlassen, was diesem schadet. Man wird daher mit guten Gründen argumentieren können, dass ein rechtlicher Erstattungsanspruch nicht besteht, zumal die Situation aufgrund des Coronavirus nicht in der Sphäre des Vereins liegt und ihm daher nicht vorgehalten werden kann. Im Übrigen laufen die Zahlungsverpflichtungen des Vereins ja auch weiter und müssen finanziert werden.
Zurückbehaltungsrecht der Mitglieder?
Auch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB scheidet aus.
Die aufgrund des Mitgliedschaftsverhältnisses geschuldeten Geldleistungen können nicht mit der Begründung verweigert werden, der Vorstand oder sonstige Vereinsorgane hätten ihre Pflichten nicht erfüllt.
Denn der Verein ist zur Erfüllung des Vereinszwecks darauf angewiesen, über die laufenden Zahlungen der Mitgliedsbeiträge die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel zu erhalten (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil v. 22.08.2019, Az.: 3 U 151/17).
Kann der Vorstand auf Beiträge verzichten?
Nein! Dem Vorstand obliegt die sog. Vermögensbetreuungspflicht. Im Rahmen seiner Geschäftsführungspflichten ist er für die Erhaltung des Vereinsvermögens und der Vermögensinteressen des Vereins verantwortlich. Dazu gehört auch das Erheben der fälligen Beiträge nach der Satzung des Vereins.
D.h. der Vorstand macht sich gegenüber dem Verein haftbar, wenn er die Beiträge nicht erhebt. Daraus folgt, dass der Vorstand nicht ohne Rechtsgrund und ohne Ermächtigung zumindest der Mitgliederversammlung auf die Erhebung von Beiträgen generell verzichten kann.
Quelle: Führungs-Akademie des DOSB